• EU-Klimabeirat rät zum Ankurbeln von CO2-Entnahmen
  • Pilotprojekt für lokale Energiegemeinschaft in Oberfranken gestartet
  • Deutlich höhere Day-ahead-Preise zu erwarten
  • EnBW: Landkreise stimmen für Milliarden-Spritze
  • Lex Sauerland: Erste Klagen gegen Zeitspiel der Behörden
  • RWE plant Vermarktung weiterer Kapazitäten
  • Gebündelte Kräfte für den digitalen Netzausbau
  • 100 Millionen Euro für Wasserstoff im Ländle
  • Wasserkraft für Rolls-Royce
  • Umfrage unter Energieunternehmern zeigt Verunsicherung
Enerige & Management > IT - KI – eigentlich ein alter Hut
Quelle: Pixabay / Aberrant Realities
IT:
KI – eigentlich ein alter Hut
In der Energiewirtschaft sind KI-Anwendungen schon gang und gäbe. Selbstlernende Systeme befinden sich jedoch noch im Prototypstadium.
 
Volker Bühner leitet beim IT-Dienstleister Kisters die Geschäftseinheit Energie. Mit dem Thema KI beschäftigt er sich bereits seit seiner Promotion am Lehrstuhl für elektrische Energieversorgung an der TU Dortmund 1998. Wer deshalb meint, KI sei eigentlich ein alter Hut, hat nicht ganz unrecht. Schon 1956 haben Wissenschaftler, die sich am Dartmouth College im US-Bundestaat New Hampshire über maschinelles Lernen ausgetauscht haben, den Begriff „künstliche Intelligenz“ zur Beschreibung ihrer Arbeit verwendet.

Man könne zwar durchaus den Eindruck haben, dass gerade in den letzten beiden Jahren sehr viel an künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft eingeführt wurde. „Tatsächlich hat man auf vieles, das vorher kein Etikett getragen hat, nun das Label ‚KI‘ draufgeklebt“, sagt Bühner im Gespräch mit E&M. Die vorausschauende Wartung von Windturbinen ist nur ein Beispiel von „KI Inside“.

Die Zurückhaltung der IT-Anbieter in der Vergangenheit erklärt er mit „überlegter Kommunikation“. Schließlich könne man bei Prognosen keine „richtigen“ Ergebnisse garantieren. „Da sind vollmundige Marketingparolen nicht sehr hilfreich“, so der Kisters-Manager. In abgeschlossenen Bereichen, für spezifische Anwendungen, könne man bei einer hinreichend großen Zahl an Trainingsdaten allerdings sehr gute Ergebnisse mit KI erzielen. „Da kann man auch extrapolieren. Und dann findet man auch einen Versicherer, der für das Produkt eine Produkthaftung hinterlegt“, betont Bühner.

Wissenschaftler in Oldenburg erforschen selbstlernende Agenten

Diese ganz spezifische KI müsse man aber von den sogenannten Large Language Modellen (LLM), etwa Chat GPT, unterscheiden. Bei diesen wird die KI nicht mit sorgfältig ausgewählten Trainingsdaten gefüttert. Vielmehr kann alles, was im Internet zu finden ist, prinzipiell als Input verwendet werden. Vor allem, wenn die sozialen Medien noch mit einbezogen werden, sei es problematisch, ein „korrektes“ beziehungsweise verlässliches Ergebnis zu erhalten. Es komme also sehr stark auf eine intelligente Auswahl und Aufbereitung der Trainingsdaten an. Dafür brauche es gut ausgebildete Spezialisten – Menschen, die das System verstehen und die Aufgaben und Anfragen entsprechend stellen. Folglich sei das „Prompt Engineering“ ganz wesentlich für einen erfolgreichen Einsatz von künstlicher Intelligenz.
  Der Einsatz von KI im Umgang mit Endkunden kann sich schnell rechnen, wenn etwa Routineanfragen abgearbeitet werden. Im B2B-Bereich sieht Bühner zwar die Netzbetreiber als prädestinierte KI-Nutzer. Das System der Anreizregulierung setze aber keinen wirklichen Anreiz für KI-Anwendungen. Dagegen seien die Bilanzkreisverantwortlichen eine vielversprechendere Zielgruppe.

Dennoch versprechen sich Wissenschaft und Praxis von der KI wertvolle Hilfe für den Betrieb der kritischen Infrastruktur in der Zukunft, vor allem von selbstlernenden Agentensystemen. Mit diesen beschäftigt sich an der Universität Oldenburg eine KI-Forschungsgruppe. Deren Leiter, Eric Veith, im Gespräch mit E&M: „Es geht nicht nur um Prognosesoftware, die aus der Energiewirtschaft schon gar nicht mehr wegzudenken ist, sondern um Systeme, die beispielsweise den Netzzustand wahrnehmen und selbstständig eine Handlung ausführen.“

Lösungen zur Fehler- und Schadenserkennung

Die Netzstabilisierung mit Batterien, PV-Anlagen und Windkraftanlagen oder mit steuerbaren Verbrauchern soll sich künftig mit solchen KI-Anwendungen bewerkstelligen lassen. Die vernetzten Anlagen stellen gemeinsam selbstständig anhand des Netzzustands fest, wann sie einspeisen, ihre Bezugsleistung reduzieren oder ganz stillhalten. „Sie kommunizieren miteinander und kommen automatisch zur Lösung“, sagt Veith. Die virtuellen Kraftwerke mit ihren Steuerungs- und Prognosealgorithmen, die heute schon auf der Produktivseite gang und gäbe sind, könne man durchaus als ersten Schritt in diese Richtung sehen.

Selbstlernende Systeme befinden sich noch im Prototypstadium. Bisher seien vor allem Lösungen zur Fehler- und Schadenserkennung an der Infrastruktur oder Prognosemodelle im Einsatz, so Veith. Das langfristige Ziel des KI-Einsatzes im Netzbereich bleibt jedoch der autonome Betrieb der kritischen Infrastruktur. Dafür will die Oldenburger Forschungsgruppe einen interdisziplinären Ansatz entwickeln.

Das vollständige Interview mit Volker Bühner, Leiter des Geschäftsbereichs Energie der Kisters-Gruppe, und einen Beitrag über die KI-Forschung an der Universität Oldenburg lesen Sie in der Print-Ausgabe von Energie & Management vom 1. November.
 
 

Fritz Wilhelm
Stellvertretender Chefredakteur
+49 (0) 6007 9396075
eMail
facebook
© 2025 Energie & Management GmbH
Freitag, 25.10.2024, 16:24 Uhr

Mehr zum Thema